Wandertag

Joey holt uns am Vormittag im Hotel ab, wir wollen eine kleine Wanderung durch die hier allgegenwärtigen Teeplantagen machen. Joey ist ein junger, zaundürrer Bursche, mit etwas längeren Haaren und riesiger Brille. Zunächst fahren wir ein paar Kilometer mit dem Auto, es geht nur im Stop-and-Go voran. Dann biegen wir in ein Waldgebiet ab, hier geht`s aber auch nicht flotter, weil hier so viele Wandersleut unterwegs sind, wird wohl wieder eine einsame Wanderung mit tausenden Gleichgesinnten. Schließlich lässt uns der Fahrer aussteigen und wir wandern auf einem geplasterten Weg an einem Flüsschen entlang. Die Massen verlaufen sich, es ist für chinesische Verhältnisse tatsächlich fast einsam.



Wir laufen die meiste Zeit durch den Wald, am Wegesrand und an den Hängen sind immer kleinere Teeplantagen zu sehen. Joey erzählt ein wenig darüber, aber ohne wirklichen Enthusiasmus oder entsprechendes Hintergrundwissen, hier wäre Jerry, unser letzter Guide gefagt, der immer wieder betont hatte, dass seine Eltern Teafarmer wären. Joey erzählt uns auf unsere Nachfrage, dass er Auszubildender im Torismusbereich wäre, es gehört wohl zu seiner Ausbildung, uns heute zu begleiten.
Wir kommen in ein kleines Dorf, in dem es jede Menge Teehäuser gibt, wir bleiben ab und an mal stehen und schauen ein wenig, haben aber keine Lust einzukehren. Wir kommen dann auf eine etwas größere Plantage, die sich an einem Hügel befindet, von dem man normalerweise einen schönen Überblick hätte, aber leider ist es heute ziemlich nebelig, der Regen der letzten beiden Tage vermiest uns hier den Rundumblick. Joey weiß nichts mehr mit uns anzufangen, also gehen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt über.
Wir fahren in die Stadt, in die Hefang Street, einer Art Amüsier- und Shoppingmeile. Wir schlendern ein wenig durch die Straße, Joey hat die Konversation inzwischen völlig aufgegeben, er trottet einfach voraus.



Als Highlight gilt hier eine Apotheke, die als "Oldest Pharmacy" beschrieben wir, in der Medikamente nach traditioneller chinesischer Heilkunde produziert wurden und immer noch werden.



Als wir Joey eröffen, dass wir gedenken etwas zu essen, ist er zunächst wenig beglückt, als wir seinen Vorschlag, zu Mc Donalds zu gehen ablehnen. Er begleitet uns in ein chinesisches Restaurant, ist sehr behilflich bei der Bestellung, bleibt aber nicht bei uns. Wir treffen uns 45 Minuten später wieder und bummeln weiter durch die Straßen, immer noch ohne irgendeine Konversation. Irgendwann haben wir dann genug gesehen und lassen uns zum Hotel zurück bringen. Wir verabschieden uns von Joey, er ist wirklich ein netter Kerl, aber er könnte sich seinem Job mit etwas mehr Enthusiasmus widmen.
Nach einer kurzen Nachmittagsruhe wandern wir wieder am West Lake entlang, rundum geht nicht, dazu ist das Areal viel zu groß.



Abends speisen wir im einzigen Restaurant, dass von unserem Hotel aus zu Fuß zu erreichen ist. Dem Andrang und den Preisen nach eine noblere Hütte, aber auch wenn alle furchtbar nett sind und uns helfen wo`s geht, heute haben wir mit dem Futter das erste Mal so richtig daneben gegriffen. Außer dem Salat lassen wir fast alles stehen, das hat heute nicht geschmeckt. Kommt auch mal vor, wir trösten uns noch mit einem Bierchen im Hotel und gehen dann ins Bett.