Terracotta Warriors

Wir werden wieder früh abgeholt, es geht etwa 50 Kilometer Richtung Osten, zum
Mausoleum von Qin , dem ersten Kaisers von China. Der wurde bereits im Alter von dreizehn Jahren König eines der 7 Königreiche, die er im Laufe seines Lebens vereinigen sollte um das damit geschaffene Kaiserreich als erster Kaiser zu regieren. Bereits in diesem zarten Alter begann der Bube seine Grabstätte zu planen und ließ zu deren Bewachung eine Armee aus Tonsoldaten erschaffen. Das war etwa 220 v. Chr., die tönerne Armee war in Hallen aus Holz, gedeckt mit einer Erdschicht aufgestellt. Nachdem Qin im Alter von 50 Jahren verstarb, wurde bei einem Bauernaufstand ein Teil der Soldaten und der Hallen zerstört, den Rest besorgte die Zeit, die Hallen stürzten ein und der Staub der Geschichte legte sich über Qin`s Armee.
Es begab sich im Jahre des Herrn 1974, das die Gebrüder Yang, Bauern ihres Zeichens, auf ihrem Land einen Brunnen bohren wollten und dabei auf große merkwürdige Scherben stießen. Umfangreiche Grabungen auf einem riesigen Areal wurden seitdem getätigt und tausende Soldaten, Pferde und Streitwagen freigelegt, die man zunächst noch unter Verschluß hielt, aber nach Mao`s Tod wurden im Jahre 1979 die ersten Funde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Heute kann man drei Ausgrabungen mit etwa 6.000 Objekten besichtigen, wie viele weitere noch vom Erdreich und den Chinesen verborgen werden, wissen, wenn überhaupt nur ein paar wenige.
Die Fundstätten sind heute bekannt als die Chinesische Terracotta Armee.





Auf dem Parkplatz angelangt, werden wir bereits wieder von mehreren Mädels angesprochen, die sich als Guide anbieten. Wir lehnen zunächst ab und gehen zum Ticket Office, als wir dort ein wenig ratlos rumstehen, spricht uns wieder ein junges Mädel in fast akzentfreiem englisch an. Sie hilft uns zunächst die Tickets zu erwerben und erklärt uns auf meine Frage, dass sie staatliche Angestellte wäre und ihr Honorar feststeht und nicht verhandelbar sei, falls wir uns entscheiden würden, sie zu engagieren. Obwohl ihre Offerte kein Schnäppchen ist, engagieren wir sie, ich hatte eh mit dem Gedanken gespielt, denn ganz ohne Führung wäre ein solches kulturhistorisches Monument wohl nur die halbe Erfahrung. Es hätte zwar auch Audio-Guides gegeben, aber frag den mal was, wenn du nix verstanden hast.
Also führt uns Lilly (scheint ein beliebter Nick-Name zu sein) zum Eingang und plaudert munter drauflos. Nachdem wir sie ein wenig gebremst haben und sie etwas langsamer spricht, ist sie hervorragend zu verstehen. Sie erzählt uns ausführlich die Geschichte der Entstehung der Armee und einiges über die Ausgrabungsstätten, derartige Informationen hätten wir ohne Guide niemals bekommen.
Und dann betreten wir die erste Halle, es ist ein überwältigender Anblick, tausende Soldaten und Pferde in Reih und Glied und keiner sieht aus wie der andere. Ein jeder hat ein individuelles Gesicht und auch die Kleidung unterscheidet sich grunsätzlich bei allen Soldaten. Soldaten hatten zu dieser Zeit keine einheitliche Uniform, sondern brachten Ausrüstungsgegenstände und Waffen von zuhause mit. Die Gesichter der Soldaten haben die Arbeiter laut Lilly nach ihrem jeweiligen Gegenüber geformt, man sieht also hier eigentlich die Künstler, die diese Figuren geschaffen haben.
Gefunden werden die Objekte nicht stehend und aufgereiht, wie sie präsentiert werden, sondern meist liegend und in Scherben. Diese werden geborgen und sorgfältig beschriftet, um dann in der Mitte der Halle in kleinster Puzzlearbeit zusammengesetzt und an ihren Fundort zurück gebracht zu werden. Ein Problem stellt dabei dar, dass es den Ärchologen bisher nicht gelungen ist zu ergründen, woher der Lehm stammt, aus dem die Armee geformt wurde, weshalb jeder Krümel geborgen und in Säcken aufbewahrt wird, um die gefundenen Scherben zusammen zu kleistern oder ganz verlorene Stücke nachzumodellieren. Die Objekte sind auch keineswegs graubraun, wie sie präsentiert werden, wenn man sie ausgräbt sondern sehr bunt und detaillreich lackiert. Allerdings löst sich der Lack wenige Wochen, nachdem die Stücke freigelegt sind und Licht und Luft ausgesetzt werden, ein Problem, was die Forscher gerade zu lösen versuchen. Das ist einer der Gründe, warum nicht einfach alles freigelegt wird, sondern vieles noch unter der Erde schlummert oder im Dunkeln verborgen bleibt.
Es gibt noch zwei weitere Gruben zu besichtigen, Mit Generälen und Pferden und sogar mit bronzenen Streitwagen für des Kaisers Familie und seine Konkubinen.
All das hier ist ein absolut unvergesslicher Anblick, wer jemals die Gelegenheit hat, sollte sich das hier unbedingt ansehen.
Auf dem Weg zum Ausgang weiß Lilly eine Abkürzung und führt uns (rein zufällig natürlich) an einem Shop vorbei, in dem einer der Entdecker der Grabungsstätten Bücher darüber signiert (und sich das Ganze anständig bezahlen lässt). Aber wann kommt man wohl je wieder hierher und für uns ist dieses Buch natürlich ein absolutes Unikat, auch wenn Mr. Yang täglich wohl tausende davon signiert. Aber wahrscheinlich nicht allzu viele deutsche Ausgaben.



Nach der Rückkehr nach Xi`an legen wir erst mal eine Siesta ein, da es in der Stadt schon wieder brütend heiß ist. Gegen vier starten wir noch einmal und besichtigen den Bell Tower und den Drum Tower. Beide pagodenförmigen Bauwerke dienten dazu, mittels ihrer jeweiligen Instrumente die Zeit anzuzeigen, ob gemeinsam oder konkurrierend konnten wir nicht herausfinden.



Wir schlendern noch durch die Muslim Street um ein paar Happen zu essen, dabei werden wir wieder von ein paar jungen Mädels angesprochen, die ihr englisch trainieren wollen. Wir plaudern ein paar Sätze, aber wie wir feststellen, wissen sie nicht mal, wo "Germany" liegt, letzlich gibt es noch das obligatorische Foto, um das es wohl in erster Linie ging. Gestern wurden wir schon mal von einem sechsjährigen Buben in gut verständlichem Englisch angesprochen (assistiert von seiner Mutter), der wollte auch nur plaudern und (natürlich wollte die Mutter) ein Foto mit uns.



Der Abend klingt dann sehr gemütlich in der De Fu Lou Bar, dem chinesisch-bayrischem Biergarten aus.