Wir haben heute die auf dem Papier längste und schwierigste Tour vor uns. Wir wissen aber schon,
dass wir ein wenig schummeln werden, sonst wäre es wohl für uns nicht zu schaffen. Aber der Reihe nach:
Wir wandern zunächst aus Kings Stanley raus, auf dem Weg, den wir gestern schon gegangen waren, das ist eine
kleine Abkürzung, sonst hätten wir erst 500m zurück gemusst bis zum geschlossenen Pub und dann auf den
offiziellen Cotswold Way. So erreichen wir den Wanderweg in Middleyard und begeben uns sofort an den ersten
Aufstieg. Davon werden wir heute reichlich haben, die Tour ist nicht nur die längste, sondern auch die mit
den meisten Höhenmetern, sowohl rauf, als auch runter. Der Anstieg geht zunächst wieder über eine Weide,
hindurch zwischen Pferden, dann in den Wald.
Der Weg, so schön er ist, ist rutschig und schlammig, weil es
fast die ganze Nacht geregnet hat. Wenigstens ist es jetzt trocken, wenn auch bewölkt und so erreichen wir
nach etwa 5km den Coaley Peak, pitschnass, auch ohne Regen. Wir sehen von hier aus schon den Severn, den
längsten Fluss des UK, der in Wales entspringt und in den Bristolkanal und damit in den Atlantik mündet.
Obwohl sich jetzt die Sonne einen Weg durch die Wolken bahnt, weht ein starker Wind, der die Luft kalt
erscheinen lässt. Hier oben gibt es auch wieder eine dieser vorzeitlichen Begräbnisstätten, ein “Long Barrow”,
die Gegend hier ist berühmt dafür.
Vom Coaley Peak geht es lang und steil bergab, teils über abenteuerliche Wege, die immer noch schlammig sind.
Vorbei am West Hill und einem weiteren Long Barrow geht es abwärts durch eine Farm, der Bauer treibt gerade
eine Herde Rinder die Straße entlang, mit einem Quad. Die Viecher blöken was das Zeug hält und verwandeln die
Straße in eine Jauchegrube.
Direkt hinter der Farm sehen wir, wie der Weg über eine Wiese steil ansteigt auf einen namenlosen Berg,
vermutlich hat man auch von dort wieder einen schönen Ausblick. Wir sehen zwei Wanderinnen, die uns kurz zuvor
flotten Schrittes überholt hatten auf halber Strecke (wohl erschöpft) auf der Wiese sitzen. Also beschließen wir,
dass man nicht auf jeden englischen Landschaftspickel hochkriechen muss nur um kurz darauf wieder abzusteigen und
finden einen direkten Weg zwischen hier und und dem Ende des Abstiegs. Der Weg führt dann zwar recht abenteuerlich
durch ein Bachbett, aber wir ersparen uns wohl einige hundert Meter Weg, vor allem aber 100 Höhenmeter. Anschließend,
aber schon wieder auf dem offiziellen Weg müssen wir mal wieder über eine Weide, diesmal direkt zwischen einer Herde
Rindviecher hindurch, die auf dem Weg steht und liegt und macht, was Kühe halt so machen. Komisches Gefühl, bei Schafen
ist das weniger problematisch, die laufen auch meist weg, aber die Kühe bleiben stehen und glotzen und schmatzen,
mir ist da nie wohl dabei. 🙁 So kommen wir nach Dursley, wo wir die Getränke auffüllen und vor allem einen
kleinen Lunch in einem Pub genießen.

Die Stärkung tut Not, denn anschließend kommt der steilste Anstieg des Tages.
Bereits am Ausgang des Pubs lacht uns eine Frau freundlich zu oder uns aus,
wer weiß das schon. “Go ahead, up to the hill!” und schickt ein “I wouldn`t” hinterher
(“Auf geht’s, rauf auf den Berg!” und “Ich würde das nicht tun”). Na danke.
Bereits die Straße raus aus dem Ort weist laut Schild eine Steigung von
20% auf, mit dem Hinweis, dass LKW mit schweren Lasten sich doch gefälligst einen anderen Weg suchen sollten.
Und als wir in den Wald abbiegen geht es über krumme schlammige
Stufen so weiter. Nachdem wir die etwa 180 Höhenmeter auf ca. einem
Kilometer bewältigt haben stehen wir auf dem Stichcombe Hill und dem zugehörigen Golf Course. Völlig ausgepumpt machen wir
erstmal Pause und nutzen eine Bank um einige Minuten zu sitzen und etwas zu trinken.
Wir werden hier nicht um den ganzen Golfplatz rumlaufen, wie die eigentliche Streckenführung es vorgeben würde. Sicherlich gäbe
es hier fantastische Ausblicke, der Reiseführer erzählt sowas, aber wir werden die Alternativroute, direkt zum Abstieg gehen.
Der gestaltet sich genauso steil, aber die Wege werden etwas besser.
Auf dem letzten Stück bergab führt der Weg direkt durch ein Rapsfeld.
Der Raps steht so hoch, dass man zeitweise nicht mal drüberschauen kann. Wir ziehen vorsichtshalber die
Regenjacken an und kämpfen uns mehrere hundert Meter durchs Gemüse, schaut lustig
aus, isses aber gar nicht so, wenn du nicht siehst, wo du hinläufst, nur einfach dem Trampelpfad nach.
Von North Nibley aus geht es wieder bergauf, zum Tyndale Monument. William Tyndale, geboren um 1490 in North Nibley,
war war ein englischer Priester und Gelehrter und übersetzte die Bibel in die englische Sprache. Er lebte und studierte
einige Zeit in Wittenberg, hier übersetzte er das Neue Testament in die englische Sprache. Gedruckt in Deutschland oder den Niederlanden
fanden viele Exemplare den Weg auf die Insel und hatten so wohl einen guten Teil zur Reformation der Kirche in England unter Henry VIII.
beigetragen. Gedankt wurde es ihm eher nicht, er landete dafür auf dem Scheiterhaufen
Von da erreichen wir nach einigen weiteren Kilometern Wotton-under-Edge, eine Kleinstadt die erstmals 940 als angelsächsische
Siedlung erwähnt wurde und im Mittelalter durch den Tuchhandel zu Reichtum gelangte. Einiges davon ist heute noch zu sehen,
auch unser Hotel "The Swan Hotel", in dem wir nach Dinner und zwei Bier todmüde in die gold-schwarzen Hotelbetten fallen.