Das Frühstück im Boswednack Manor B&B ist gut, unser Zimmer und auch der
Raum, in dem‘s das Frühstück gibt sind zwar „Old School“ , aber
einigermaßen aufgeräumt. Der Rest des Hauses gleicht aber einem Lager
für ausrangierte Sachen. Vom Frühstücksraum aus schaut man in den
Wintergarten, der ist vollkommen zugestellt mit alten, kaputten Möbeln.
Zwischendrin erhasche ich einen Blick in die „Küche“ , eine irre
Veranstaltung. Diese Leute haben einen anderen Lebensstil, als wir ihn
zu Hause pflegen, definitiv. Trotzdem haben wir nette Gespräche mit der
Wirtin (den Mann dazu haben wir nur einmal kurz bei unserer Ankunft
gesehen). Sie erzählt uns, dass es den ganzen Winter und den Frühling
viel geregnet hatte. Der gesamte Coast Path war tief verschlammt. Seit
etwa 14 Tagen gibt es nur noch die kurzen Schauer, die der Engländer gar
nicht wahrnimmt. Deshalb ist die Blüte etwas später dran, als normal, also eben jetzt.
Ich erkläre ihr, dass das mit unserer Anwesenheit zu tun hat, das lächelt sie weg… Ungläubige.
Wir besprechen außerdem mit ihr den günstigsten Weg zurück zum South West Coast Path, wir wollen
nicht zurück bis Zennor. Es gibt einen Weg durch die Felder zum "White
House", wie sie mir schmunzelnd erklärt. Meine Recherche wird also von
ihr abgesegnet und dann ziehen wir los.
Punktgenau beginnt es natürlich jetzt zu regnen, also was der Mitteleuropäer für Regen hält.
Wir sehen aber über dem Ozean bereits, wie sich die Wolken auflösen, und wenig später ziehen
wir die Regenjacken wieder aus und wandern im Sonnenschein dahin.
Alle, mit denen wir gestern gesprochen hatten, hatten uns erzählt, heute würde es
nicht mehr so schwierig werden, davon merkt man auf den ersten Kilometern aber nix.
Und wie gehabt, der Weg, die Ausblicke sind mit nichts zu vergleichen, was wir bisher
erlebt haben. Auch wenn man nicht immer darüber nachdenken sollte, wie nah an den Klippen man da gerade entlang geht.
Einmal verweigern wir den offiziellen Pfad, man hätte über zwei Felsen klettern müssen, direkt am Abgrund, das geht gar nicht.
Derselben Meinung waren schon mehrere vor uns, es ist ein sichtbarer Pfad durch die Büsche getrampelt,
auch wenn man das normal nicht macht, hier geht’s nicht anders. Das war auch keine einfache Übung, aber
weniger lebensgefährlich.
Wie genießen den Weg, auch wenn er uns manchmal an unsere Grenzen führt.
Viele Wanderer sind deutlich schneller unterwegs als wir, manche gar im Laufschritt. Einige legen
Etappen von 25 und mehr Kilometern am Tag zurück. Unabhängig davon, dass wir zu alt dafür sind und
uns die Fitness fehlt, ich frage mich, was diese Menschen davon haben. Eine weitere Strecke abgehakt,
aber nichts davon gesehen?
Egal, wir geben sozusagen alles und fotografieren, was der Akku hergibt.
Nachdem uns am höchsten Punkt der Etappe nochmal ein Regenschauer heimgesucht hat,
geht es bis ganz nach unten an den Strand, nur um danach wieder zum Leuchtturm von
Pendeen aufzusteigen.
Danach mussten wir nochmals 2 Meilen bergauf bis nach Pendeen, wir finden den Pub, in dem wir übernachten ohne Probleme, aber wir sind echt fertig.
Der Pub ("The North Inn“ in Pendeen) in dem wir übernachten, ist ein Großbetrieb. Es gehört ein kompletter Campingplatz dazu, wir übernachten
in einer Art Gartenhaus, aber der Platz ist ausreichend für 4 Leute und alles ist vorhanden, sogar eine Veranda
gibt’s, die wir allerdings nicht brauchen. Davor versammeln sich etwa 30 Leute, die musizieren und singen.
Auf meine Nachfrage hin erfahre ich, es handelt sich um einen Workshop alternativer Musiker, die auf dem Campingplatz
übernachten und im Pub den Umsatz vervielfachen. So viele Hippies auf einen Haufen hab ich schon ewig nicht mehr gesehen.
Im Pub selbst hat der Grandpa das sagen. Er hatte uns schon unser Häuschen übergeben, ist bis spätabends hinter
der Theke und kocht uns am nächsten Morgen persönlich ein hervorragendes „Full English“
(das wir allerdings um ein paar Zutaten verkleinern, sonst geht keine Wanderung mehr).
Der Grandpa des Pub, John Coak, hat in zwei TV-Serien der
britischen Fernsehserie "Poldark" mitgespielt. Bei Poldark handelt es
sich um die Verfilmung einer Reihe historischer Romane von Winston
Graham. (Winston Graham hat u. a. auch den Roman "Marnie" geschrieben,
welcher von Alfred Hitchcock mit Tippi Hedren und Sean Connery
in den Hauptrollen verfilmt wurde).