Wir reisen am nächsten Morgen, nachdem wir ausgeschlafen und
wunderbar gefrühstückt haben, weiter. Zum nächsten höchst
geschichtsträchtigen Ort.
Das Emirat von Córdoba (756 - 929)
und anschließend das Kalifat von Córdoba (929 - 1031) waren
umayyadische Herrschaftsgebiete die sich zu ihrer Hochzeit über
etwa 3/4 der iberischen Halbinsel erstreckten und bis an die
Tore Barcelonas reichten. Nach dem Zerfall des Kalifats
berherrschten die Umayyaden noch Teile Andalusiens, bis zur
endgültigen Vertreibung im Jahre 1236.
Wir bugsieren also
unseren Kleinwagen wieder aus der Garage und anschließend aus
den Gassen Granadas und begeben uns wieder auf die Reise.
Zunächst wieder durch die Berge, aber nicht mehr ganz so
spektakulär. Später dann eher gemütlich über Land.
Kurz vor unserem Ziel geraten wir mal richtig abseits der
Straßen, wohl der Tatsache geschuldet, dass wir eine Route
strikt ohne Autobahnen haben wollten. Wir korrigieren das dann
aber und schlängeln uns im Anschluß wieder durch die Gassen der
Stadt zu unserem Hotel. Einmal kommen wir an einer Schule
vorbei, die gerade (gefühlt) tausende von Zwerge auf die Straße
entlässt. Wir müssen höllisch Acht geben, keinen der
uniformierten Stumpen als Kühlerfigur mitzunehmen. Dann stehen
wir aber vorm Hotel, werfen den Autoschlüssel auf den Tresen und
haben keine Sorgen mehr, der Wagen wird verräumt.
Soho Boutique Capuchinos & Spa, Córdoba
(wobei sich das "Capuchinos" auf das angrenzende Kapuziner-Kloster bezieht)
Den Rest des Tages verbummeln wir nur so, wobei uns die
Hitze hier schon ganz schön zu schaffen macht. 33°C und kein
Winhauch sind in einer Stadt wie dieser tatsächlich kein Spaß.
Nichtsdestotrotz wandern wir zum Fluß Guadalquivir, was aus dem
arabischen abgeleitet "Das große Tal" bedeutet. Er ist der
längste Fluß Andalusiens und ist vom Atlantik bis nach Sevilla
sogar für Hochseeschiffe befahrbar, bekommen wir später noch
eindrücklich geschildert uns auch zu sehen.
Highlight ist natürlich die Puente Romano, die Römische
Brücke (auch Puente Viejo; Alte Brücke). Sie hat mit ihren 16
Bögen einige Ähnlichkeit mit der Steinernen Brücke daheim, ist
aber in ihrem Ursprung bedeutend älter. Sie wurde von den
römischen Besatzern um 45 v.Chr. errichtet, im 10.Jahrhundert
vom damals amtierenden maurischen Kalifen komplett saniert. Sie
wurde auch in den darauffolgenden Jahrhunderten mehrfach
umgebaut, weshalb unsere "Steinerne" sich die älteste erhaltene
Steinbrücke nennen darf.
Córdoba diente immer wieder als Kulisse für große Filme, die
Puente Romano z.B. war Drehort für Game of Thrones. Am einen
Ende der Brücke steht ein trutziger Wachturm, der Torre de la Calahorra,
der den Eingang zur Altstadt bewachte, am anderen Ende befindet
sich die Mezquita, die Kathedrale von Córdoba. Früher hieß das
Bauwerk mal Große Moschee von Córdoba (spanisch Gran Mezquita de Córdoba).
In vielen Beschreibungen wird das Bauwerk als Kathedralmoschee
bezeichnet, eigentlich aberwitzig, aber mit der Geschichte des
Bauwerks zu erklären.
Bereits in römischer Zeit stand hier
ein Tempel, später wurde daraus eine frühchristliche Kathedrale.
Mit der Eroberung Córdobas durch die Mauren wurden alle
christlichen Bauwerke niedergerissen, lediglich die Kathedrale
blieb in Teilen erhalten. 784 musste sie dann doch der Großen
Moschee weichen, es wurden aber einige prunkvolle Teile
innerhalb des neuen, nun muslimischen Gebetshauses
wiederverwendet. Und interessanterweise wurde den Christen der
Stadt weiterhin die Ausübung ihres Glaubens innerhalb der
Moschee gestattet. Erbauer war Abd al-Rahman I., der erste
umayyadische Emir von Córdoba. Seine Nachfolger gleichen Namens
(zur Unterscheidung durchnummeriert mit II und III ) und weitere
Herrscher Córdobas bauten das Gotteshaus sukzessive weiter aus,
so dass es im 11. Jahrhundert zum zweitgrößten Bauwerk der
islamischen Welt wurde, nach der Moschee von Mekka. Mittlerweile
hat die Mezquita de Córdoba diesen Rang an die blaue Moschee in Istanbul abgeben
müssen, die wurde aber erst 1616 fertiggestellt.
Nach der
Rückeroberung Córdobas durch die Christen im Jahre 1236 wurde
die Moschee zur Kirche geweiht, das Minarett bekam ein Kreuz
obendrauf. Im Laufe der nächsten 250 Jahre wurden immer mehr
Details verändert, bis 1523 der entscheidende Umbau stattfand,
gegen den Widerstand von Stadtrat und Bevölkerung.
Dabei wurden im Inneren etliche Säulen entfernt und ein gotisches
Kirchenschiff errichtet. Spaniens König Karl V. soll sich bei einem Besuch im Jahre 1526
sehr ablehnend geäußert haben:
"Ihr erbaut, was es andernorts
schon gibt, und habt dafür etwas zerstört, was einmalig in der Welt
war“
Noch später wurde das Minarett durch einen Glockenturm
ersetzt.
Wir wandeln eine Weile durch den Innenhof, den Orangenhof
(Patio de los Naranjos) und beschließen nach Tickets für den
nächsten Tag zu fragen. Wie befürchtet ist alles auf Tage im
Voraus ausverkauft. Nicht so via Internet, über einen
Ticketseller erwerben wir Karten für den nächsten Nachmittag.
Wir wandern anschließend noch durch das Altstadtviertel, die
Juderia. Córdoba ist berühmt für seine Innenhöfe, es finden hier
alljährliche Wettberwerbe um den schönsten Patio statt.
Für das Abendessen suchen wir eine Weile nach einer
Lokalität, finden dann eine, in der bis auf einen Tisch alles
reserviert ist, die uns aber sehr zusagt. Wir stellen auch bald fest, warum: hier wird
zum Essen eine Flamenco Show geboten. Das war nicht geplant,
wird aber gerne angenommen.
Den nächsten Morgen und Vormittag vertreiben wir uns
zunächst in der Stadt, wandern ein wenig außerhalb der
touristischen Viertel zu einer Markthalle, die rein aus
Gastronomiebetrieben besteht, in der aber überhaupt noch nichts
los ist. Anschließend zu einer weiteren, die wirklich noch ein
reiner Marktbetrieb mit Fleisch-, Fisch- und Gemüsehändlern ist,
hier haben aber fast die Hälfte der Stände geschlossen, dieses
Geschäftsmodell ist wohl bald nicht mehr gefragt,
Nach einem kleinen Imbiss gehen wir zur Mezquita und reihen
uns ein in die Schlange der Wartenden. Über die Geschichte des
Bauwerks ist ausreichend erzählt, aber die schiere Größe der
Halle (anders kann man das nicht bezeichnen) beeindruckt dann
doch gewaltig. Ein prunkvolles Bauwerk ohne Zweifel, wenn auch
ein grotesker Mix der Kulturen.
Und im Inneren dann die christliche Kirche, im schroffen
Gegensatz zu den Säulen der Moschee.
Wir kehren am Abend noch mal in den Fresstempel vom
Vormittag zurück, und
sehen auch so noch ein paar schöne Ecken der Stadt. Córdoba ist
schön und besteht nicht nur aus den touristischen Vierteln. Es
ist eine sehr alte Stadt, deren Geschichte bis in die Römerzeit
zurück reicht.
Während der Zeit des Kalifats von Córdoba lebten etwa 110.000
Menschen in der Stadt, Córdoba war damit eine der größten Städte
der Welt zur damaligen Zeit. Die Straßen waren gepflastert, nachts beleuchtet,
es gab sogar fließendes Wasser und 1600 Hamams. Christen, Juden und Muslime
lebten meistens friedlich zusammen. (Das "Massaker von Córdoba" mal
ausgenommen, bei dem im Jahre 1066 tausende Juden umgebracht wurden.) Heute zählt die Stadt mehr als
300.000 Einwohner, mehr als 20.000 davon Studenten der
Universidad de Córdoba.
Und sogar des Nachts ist es schön (bunt) hier.