Wir müssen früh aufstehen, unser Shuttle Bus ist für 7:30 Uhr angekündigt, es geht in die Halong Bucht. Natürlich kommt der Bus viel später, wie überall in den Urlaubsländern wird in allen Hotels die gleiche Abfahrtszeit angekündigt, aber der Bus muss ja eine Runde durch die ganze Stadt drehen und die Leute in den Hotels einsammeln. Kennen wir schon von Cuba. Also kommt er kurz nach acht Uhr bei uns an, wir müssen noch ein paar Straßen weit laufen, vor unserem Hotel ist ja die Straße gesperrt, wegen Wochenende. Gut, dass wir nur kleines Gepäck dabei haben, wir lassen die Koffer im Hotel und nehmen nur mit, was wir für zwei Tage brauchen.
Wir reisen in einem kleinen Bus, der etwa 25 Leute fasst, der
Bus ist nicht ganz voll. Als alle eingesammelt sind stellt sich
der Guide vor und siehe da, man versteht ihn ausgezeichnet. Er
beginnt eine lustige kleine Vorstellungsrunde und erzählt
anschließend bisschen über Hanoi, durch dessen Straßen wir jetzt
die Stadt verlassen. Die Stadt ist wirklich riesig, wir fahren
noch etwa 45 Minuten lang durch die Stadt und deren Vororte.
Anschließend geht es auf eine Art Autobahn, die Landschaft
rundum wird trist, es gibt Reisfelder und viele kleine Orte zu
sehen, die Architektur all dieser Orte ist ähnlich chaotisch,
wie schon bei unserem ersten Trip. Es gibt nichts einheitliches,
neben wahren kleinen Palästen stehen Baracken und halbverfallene
oder halb fertiggestellte Häuser. Alles wirkt sehr grau, was
aber auch am Wetter liegt, es schüttet, was gerade geht. Etwa auf der Hälfte der Fahrt gibt es die obligatorische
Pause, zufällig an einem Supermarkt, der Seidenzeug und Töpfchen
und allen möglichen Tand zu verkaufen hat. Anschließend geht`s
weiter und die Fahrt entwickelt sich immer mehr zum Horrortrip.
Die Vietnamesen fahren vollkommen irre und hier zählt
ausschließlich das Recht des Größeren. Mehrfach überholen
unseren kleinen Bus große Reisebusse und LKW im amerikanischen
Format. Einmal setzt ein LKW zum Überholen an, einfach laut
hupend mit aufgeblendeten Lichtern, da unser Bus schon in der
Mitte fährt, benutzt er einfach die Gegenfahrbahn, dem
Gegenverkehr bleibt gar nichts anderes übrig, als auf die
Mopedspur auszuweichen und die dort fahrenden Moppeds auf das
nicht vorhandene, verschlammte Bankett abzudrängen. Das Ganze im
strömenden Regen, wobei unser Bus etwa 80 km/h fährt, der LKW
wohl entsprechend hundert... Nachdem sich unser Fahrer das ein
paar mal angeschaut hat, versucht er das auch mal, bis ihm ein
größerer entgegenkommt, der nicht ausweicht. Wir schaffen es
gerade noch eben auszuweichen, wobei ein paar Moppedfahrer in
arge Bedrängnis geraten. Ich beschließe ab sofort nicht mehr
nach vorne rauszuschauen sondern Regentropfen zu zählen.
Nach ein bisschen mehr als vier Stunden Fahrt kommen wir in
Halong Harbour an, der Pier, an dem unser Schiff ablegen soll,
liegt auf einer Insel. Wir fahren also über eine Brücke und
kommen zu einer Ansammlung von Hotels, fertigen, solchen im Rohbauzustand
und welchen, die ausschauen als wäre dem Erbauer das Talent oder
das Geld ausgegangen und einigen Vergnügungsparks und einem endlosen Gewusel von
Touristenbussen. Wenn es nicht jetzt schon so ist, spätestens in
ein paar Jahren ist das hier Disneyland par excellance. Angekommen an einer Art Wartehäuschen werden wir fast als erste
aus dem Bus entlassen. Wir hatten zunächst angenommen, dass alle
Leute in dem Bus zu einer Gruppe gehören würden, haben aber
bereits beim Vorstellungstalk mitbekommen, das manche kürzer,
manche länger am Boot bleiben. Wir werden von einem anderen
Guide mit Regenschirmen empfangen, denn es schüttet immer noch.
Er begleitet uns zu einem Boot in der Bauart der alten Dschunken
nur ohne Segel. Er erzählt uns, dass maximal achtzehn Passagiere
auf dem Boot reisen könnten, heute wären es aber nur zwei, wir
nämlich.
Wir haben den Kahn exclusiv für uns allein. Entsprechend
bekommen wir auch eine der beiden Luxuskabinen im Oberdeck, die
im Unterdeck sind deutlich kleiner, wohl auch alles
Single-Kabinen. Es ist nicht wirklich Urlaubszeit, es ist immer
noch Regenzeit, wir wir sehen. Allerdings hört es auf zu regnen,
als unser Boot ablegt und aus dem künstlich angelegten Hafen
fährt. Es geht zu wie auf der Autobahn, man muss sich anstellen
um den Hafen verlassen zu können. Der Guide, der sich mit Sinh
Mi (keine Ahnung ob man das so schreibt) vorstellt erzählt uns,
dass es über 600 Schiffe hier gibt, 350 davon sind "overnight
boats", die restlichen schippern nur die Tagestouristen herum.
Auf jeden Fall liegt eine einsame romantische Nacht mit 100.000
Gleichgesinnten vor uns. :-)
Es klart zunehmend auf und auf dem Weg hinaus gelingen uns ein paar ganz nette Fotos. Halong, so lernen wir von Sinh Mi, bedeutet "Der landende Drache" , ha bedeutet landen oder Landung und Long ist der Name des Drachen, der der Legende zufolge für die Entstehung dieser beeindruckenden Landschaft hier verantwortlich ist, indem er mit dem Schwanz ein Gebirge zertrümmerte und anschließend im Meer landete und damit für einen Anstieg des Meeresspiegels sorgte, um die anrückenden mongolischen Reiterschaaren aufzuhalten. Keine Ahnung, ob es funktioniert hat. Eine wissentschaftlich ein klein wenig fundiertere Erklärung besagt, die Landschaft ist durch Ansteigen und Absinken des Meeresspiegels entstanden, so wurden die Kalksteinfelsen herausgewaschen, es entstanden die Höhlen und Grotten, die sich in vielen der 1969 Kalksteinpickel finden. Imposant ist es allemal, egal, wer`s gemacht hat.
Unser erster Zwischenstop ist Ti Top Island, ein besonders hoher Pickel, auf dem oben drauf eine kleine Pagode steht, die aber keine religiöse Bedeutung hat sondern nur einen Aussichtspunkt darstellt. Unser Guide bergleitet uns bis zum Fuße des Berges und verabschiedet sich grinsend mit der Bemerkung, dass es nur 420 Stufen bis ganz nach oben wären und wir hätten eine Stunde Zeit "for walking to the top and swimming". Also machen wir brav, was er gesagt hat und beginnen den Aufstieg. Wir werden auch wirklich mit einem imposanten Rundumblick belohnt.
Kaum haben wir den Abstieg begonnen, beginnt es wieder zu schütten, bis wir unten sind, sind wir tropfnass und haben keine trockene Faser mehr am Leib, trotz Regenjacke und -umhang. Sinh Mi hatte uns ja noch "swimming" angeschafft und da wir ja den Eindruck von den crazy German nicht verderben wollen tun wir das natürlich, im prasselnden Tropenregen, wobei das Wasser mit 28°C deutlich wärmer ist, als die Umgebungstemperatur, auch verrückt. Zurück am Schiff fahren wir ein paar Meter weiter in eine relativ ruhige Bucht. Dort schwimmen zwei Häuschen mit einem langen Landungssteg, an dem unzählige Kajaks festgebunden sind. Wir sollen paddeln, es hat zwar für den Moment fast aufgehört zu regnen, aber in einiger Entfernung rauscht schon die nächste Regenfront heran, man sieht schon deutlich den Regen auf`s Wasser prasseln. Und so erkläre ich Sinh Mi, dass wir zwar schon ein bisschen verrückt wären, aber paddeln durch die Sintflut geht zu weit. Man könnte wohl ein paar Höhlen und Grotten erpaddeln, aber wir bleiben an Board und ankern hier, hier werden wir übernachten. Wir beobachten, wie zunächst eine Gruppe sehr mutiger junger Leute lospaddelt, um wenige Minuten später zurückzukehren, unter schwerster Anstrengung, es regnet nicht nur, es kommt auch noch Wind auf. Gute Entscheidung, hier zu bleiben.
Wir relaxen ein wenig, schauen Bilder an und bekommen gezeigt, wie man vietnamesische Frühlingsrollen macht. Dann gibt`s Abendessen, 10 Gänge, keine Chance das alles zu essen.
Nach zwei Bierchen, beschliessen wir dann ins Bett zu gehen, wobei ich, kaum dass ich die Augen geschlossen habe, das Schaukeln des Schiffes spüre, was mich noch einige Zeit vom Einschlafen abhält und auch mitten in der Nacht ein paar mal aufweckt. Ich bin halt ein Landei.
Am Morgen sind wir bereits um 6:30 Uhr mit Sinh Mi zum Tai Chi, also zum vietnamesischen Frühsport verabredet, also wieder mal nix mit Ausschlafen. Die Frühsportsession ist sehr erweckend. wird aber von einem kurzen Regenschauer abgekürzt. Während wir frühstücken und bereits wieder Fahrt aufgenommen haben, kommt dann sogar die Sonne raus. Wir fahren zur größten Höhle der Bucht und sind recht angetan von den Anblicken im Inneren, auch wenn die Besuchermassen bedenklich sind.
Wieder an Board drehen wir noch ein paar Runden um die Felsinseln, räumen unsere Kabine und laufen während des Lunches wieder in den Hafen ein. Wir hatten bei allem Schei..wetter doch ein paar sonnige Momente, in denen wir diese unglaubliche Landschaft erahnen konnten, ich kann jedem, der Vietnam mal besucht nur zu einem solchen Boattrip raten.
Nach einigem Warten im Hafen kam unser Bus, mittlerweile sind wir fast wieder in Hanoi und werden wieder ins Silk Path Boutique Hotel zurückkehren. Aber nur für wenige Stunden, heute Abend um zehn geht unser Zug nach Dong Hoi, von wo wir abgeholt werden und nach Chay Lap in den Phong Nha Nationalpark fahren werden. Mal schauen, was uns da so erwartet.