Wir haben unser Hotel in Kiel keinesfalls überstürzt verlassen, waren aber nach dem dürftigen Frühstück doch froh weiter zu kommen.
Kein Vorwurf an das Personal, die waren mega-freundlich und bemüht, aber die Bude war halt einfach schäbig und außerdem im Umbau,
was den normalen Innenstadtlärm noch verstärkt hat.
Egal, wir haben den Bahnhof ohne Probleme gefunden, auch wenn wir uns dabei kurzzeitig verloren haben. Am Bahnhof wieder vereint
kommt das nächste Problem, eine Fahrkarte erwerben… Ich bediene diese Fahrscheinautomaten ja schon eine Zeit lang und, wie ich finde
relativ routiniert. Aber der da in Kiel hat mich aus der Fassung gebracht. Obwohl ich explizit eine Verbindung ausgewählt habe, fragt
mich der Automat, welche Wegstrecke ich fahren möchte. In Bayern ist das ja nun so, dass die DB das festlegt, wo langgefahren wird,
hier darf das offensichtlich der Kunde. Außerdem werden keine Spar-Angebote offeriert, ich war davon ausgegangen, dass es ein
Schleswig-Holstein-Ticket (analog zum Bayern-Ticket) gibt. Wird aber nicht angeboten. Da die Wegstrecken, die ich mir raussuchen darf
doch preislich sehr weit auseinander liegen, entschließe ich mich mal den Schalter im DB-Reisezentrum aufzusuchen. Hier muss man eine
Nummer ziehen, wie auf einem Amt.

Ich fall vom Glauben ab, als ich feststelle, dass 33 Leute
vor mir dran wären, so viele sind gar nicht anwesend hier in dem Glaskasten. Ich sehe einen Buben in der schicken blauen Uniform
rumlungern und erkläre ihm umgehend, dass er jetzt beschäftigt ist und schleife ihn zum Automaten. Dort zeigt er mir, wie ich an das
richtige Ticket komme, tatsächlich ein Schleswig-Holstein-Ticket, ich verkneife mir die Frage, warum das nicht einfach bei auswählen
der Zugverbindung offeriert wird und schon sitzen wir kurz darauf im Zug. Die Fahrt nach Lübeck ist langweilig und grau, Sonne gibt es
heute auch keine. Die erscheint pünktlich, als wir Lübeck erreichen. Wir finden ohne jede Hilfe unser Hotel sofort, ein zumindest von
außen richtig nobler vier Sterne-Schuppen, schaut auch von drinnen luxuriös aus. Der Check-In klappt auch noch super, die Räder dürfen
im Salon abgestellt werden (kein Witz), erste Zweifel ereilen uns beim Betreten des Aufzuges. Nostalgisch trifft es sicher, allerding
war das früher bestimmt der Gesinde-Aufzug. Nun waren wir ja von den letzten Tagen durchaus einiges gewohnt, was die Hotelzimmer betraf,
das was wir hier jetzt haben ist auch nicht schlecht, aber vier Sterne? No way! Nicht wirklich groß, ja, durchaus nostalgisch
eingerichtet, aber das Bad ist einfach nicht 4 Sterne. Das Hauptproblem ist allerdings, das Zimmer ist nicht klimatisiert und
Fenster öffnen geht nicht, weil man sich schon bei geschlossenem Fenster kaum verständigen kann, aufgrund des Verkehrslärmes.
Kurzum, wir haben dieses Jahr kein glückliches Händchen bei der Hotelwahl.
Anschließend nutzen wir den ganzen Tag um durch Lübeck zu bummeln und zu faulenzen. Wir haben ein wenig Popo-Weh und einen
Sonnenbrand auszukurieren, wir finden die Stadt auch geeignet zum Ausspannen, wenn man die ruhigen Ecken entdeckt hat. Lübeck ist
nämlich verkehrstechnisch auch die Unterwelt, was maßgeblich mit der Sperrung einer Brücke zu tun hat. Und das wissen wir ja von
unserem Heimatdorf, Ortschaften an Flüssen sind von den wenigen Brücken darüber abhängig und sobald eine dieser Querungen wegfällt,
bricht das fragile Verkehrs-Konzept vollends zusammen. Unsere Heimstatt Regensburg hat drei (verkehrstaugliche) Brücken über die Donau.
Der Wegfall einer hat dramatische Folgen und artet regelmäßig in ein totales Verkehrschaos aus. Außerdem stellen wir fest, dass es hier
sehr viele Radfahrer gibt, wovon die meisten ziemlich aggressiv unterwegs sind. In Regensburg sind vor einiger Zeit die Fußgängerzonen
für den Radverkehr freigegeben worden und bis auf ein paar wenige Deppen wird dort seht zurückhaltend und defensiv gefahren. Trotzdem
jammern die ewig gestrigen “Früher-war-alles-Besser-Prediger”, die sollten hier mal rumlaufen. Radler überall, auf Straßen, Gehwegen,
Fußgängerzonen, in alle erdenklichen Richtungen. Entsprechen trötet hier aller zwei Minuten ein Rettungswagen und macht das Chaos noch
ein bisschen bunter. Wir finden die ruhigen Ecken und genießen sie ausgiebig, Lübeck ist auch ruhig und schön, wenn man weiß, wo.
Am Freitag morgen fahren wir mit dem Bus nach Travemünde, Fahrrad fahren haben wir uns verkniffen, wegen Popo-Weh auskurieren.
Wie wir einhellig feststellen, ist das auch besser so, der Fahrrad-Weg folgt einer Autobahn-ähnlichen vierspurigen Schnellstraße,
wer will da schon radeln.
Travemünde ist ein Ostsee-Bad, wie man es sich vorstellt, ein Hafen, tausend Kneipen, eine herrliche Strandpromenade voll mit Rentnern,
so wollen wir das haben. Es ist wirklich schön hier, auch wenn sich die Sonne vorübergehend hinter dicken Wolken versteckt. Der
Altersdurchschnitt wäre wirklich außergewöhnlich hoch, wenn nicht die Besatzung eines schmucken russischen Schulschiffes hier
rumschwirren würde.
Wir chillen einen ganzen Nachmittag vor uns hin um dann mit dem Schiff zurück nach Lübeck zu fahren, schöne zwei Stunden noch
auf dem Wasser verbracht und dann am Ufer der Trave richtig gut zu Abend gegessen. Jetzt versuchen wir uns auszuruhen und auf unsere
morgige Weiterfahrt in Richtung Wismar vorzubereiten, wenn nur der Straßenlärm nicht wäre…