…war es nun wirklich keine. Es gibt nicht wirklich viel zu sehen.
Morgens war der Himmel schrecklich grau, also haben wir uns mit dem Frühstück richtig Zeit gelassen. Es drängt uns ja nichts,
wir sind ja nicht auf einer Sportveranstaltung hier. Wir haben unser nächstes Quartier wieder morgens telefonisch vorgebucht und so
haben wir gar keinen Druck irgendwann ein Ziel erreichen zu müssen, außer vielleicht anzukommen, bevor es zappenduster wird.
Nach dem Verlust eines unserer Maskottchen schaut das Verbliebene nun ziemlich einsam aus der Lenkertasche. Die leicht gedrückte
Stimmung auf dem Fahrrad nebenan passt zum trüben Wetter. Immerhin bläst der Wind meist von hinten und das Ganze ziemlich forsch.
Wenn wir mal die Richtung wechseln, merken wir, wie stark der eigentlich weht, kein Vergnügen. Da unsere Hauptrichtung aber Süden
ist und der Wind kontinuierlich aus Nord-West bläst, macht sich unsere Fahrplanänderung eindeutig bezahlt.
Wir fahren wieder außendeichs zwischen den Schafen und ihren Hinterlassenschaften hindurch, wobei beide hier extrem zahlreich vorkommen.
Entsprechend schauen unsere Drahtesel bald ziemlich beschissen aus. Was uns auch ziemlich bald nervt, ist die Häufigkeit der Deichtore. Wenn
man aller 500 m absteigen muss um eines der Gatter zu öffnen nervt das ganz schön. Auf allen anderen Abschnitten sind diese Tore deutlich
weiter auseinander. Das Wasser sieht man auch kaum, was aber nichts mit der Ebbe zu tun hat, sondern mit den mehrere hundert Meter breiten
Salzwiesen. Diese üppig bewachsenen Gebiete kannte ich von unserer letztjährigen Tour an der ostfriesischen Küste gar nicht, hier sind sie
überall zu finden. Sie bieten unzähligen Vögeln Lebensraum und würden bei Sonnenschein sicherlich auch einen schöneren Anblick abgeben, doch
bei diesem grauen Wetter wirkt das alles ziemlich trist. So radeln wir dahin, mittlerweile wieder etwas fröhlicher, beobachten und fotografieren
allerlei Getier und wandeln zeitweise auf den Spuren von Theodor Storms “Schimmelreiter”, der wohl hier in der Gegend sein literarisches
Vorbild in Form eines studierenden und tüftelnden Landgrafen hatte (Hans Momsen 1735 – 1811). Demzufolge heißt hier jede dritte Gasse nach Hans
Momsen oder Hauke Haien, dem Schimmelreiter.
Apropos Ebbe und Flut. Als wir in Dagebüll ankamen und das Wasser doch tatsächlich da war,
hatte ich schon befürchtet, die Nordsee sei kaputt und das mit Ebbe und Flut funktioniert hier nicht. Vergangenes Jahr war das Wasser ständig
fort, egal wo wir hingekommen sind. Meine zweite Theorie lief dahinaus, das das Wasser, wenn es in Ostfriesland ja ständig fort ist, ja
irgendwohin muss. Vielleicht ist es ja deshalb hier?

Mittlerweile hab
ich aber festgestellt, das Ebbe und Flut auch hier funktionieren und das Wasser ist, zu meiner Beruhigung wieder wech…
Wir sehen in der Ferne, wie auch schon von Dagebüll aus, immer wieder die Halligen, auf die Hamburger Hallig könnte man sogar hinradeln, da sie
mittlerweile per Damm mit dem Land verbunden ist. Wir versprechen uns aber nichts weiter davon, außer noch mehr Gras und noch mehr Vögeln
dazwischen und entscheiden uns deshalb für einen Ausflug in das Städtchen Bredstedt. Dort ist auch nix los, aber es gibt leckere Fischbrötchen
und wir erfahren, wo sich die hohle Gasse befindet, vor der Wilhelm Tell seinen Widersacher erwartet hatte.
Der Abstecher nach Bredstedt beschert uns nun allerdings 8 km Wegstrecke gegen den Wind, man könnte zwar quer durchs Land nach Nordstrand,
aber wir wollen natürlich standesgemäß über den Damm bei Lüttmoorsiel einreiten und so müssen wir wohl oder übel wieder an den Ausgangspunkt unseres
Abstechers zurück. Nach einigen weiteren sehr windigen und mittlerweile auch sehr kalten Kilometern erreichen wir unser Hotel, mit einer
kilometerlangen Baustelle vor der Tür, hier wird der Deich saniert, damit das Wasser da bleibt, wo es hingehört. Wenn es denn gerade mal da ist!