Pünktlich um acht stehen wir parat, wir haben unser spärliches
Frühstück schon hinter uns, auch das fällt hier im Hotel
deutlich hinter die anderen Stationen zurück. Unser Guide samt Fahrer ist
schon da, er stellt sich als Hièn vor (wobei das Hakerl überm E
im vietnamesichen künstlerisch deutlich wertvoller ausschaut) und los geht`s.
Zuerst raus aus HCMC, wobei es hier
in meinen Augen nicht ganz so chaotisch zugeht, wie in Hanoi,
obwohl jeder behauptet, hier wäre es noch schlimmer. Meiner
Meinung nach wirkt das nicht so, weil die Straßen hier viel
breiter sind, als in Hanoi, es wirkt nicht so gedrängt, alles
verteilt sich mehr. Was mir in den letzten beiden Tagen
allerdings aufgefallen ist, hier wird schneller und vor allem
aggressiver gefahren. In Hanoi ist man (bei grün) einfach über
die Straße gegangen, Moped und Autofahrer halten zwar bei Rot
auch nicht an, aber sie fahren um dich rum, das heißt, du gehst
einfach, stehen bleiben oder ausweichen tun die anderen. Das
funktioniert hier überhaupt nicht, auch weil hier alle viel zu schnell sind, keiner
weicht einem aus, kein Mopedfahrer und erst recht kein
Autofahrer. Mit denen verhält es sich hier, wie wohl überall auf
der Welt, je größer das Auto umso kleiner der Geist, der darin
wohnt oder vielmehr lenkt.
Wir erreichen nach einiger Zeit
einen Freeway, wieder der sagenumwobene Highway Number One, und
stehen erst mal im Stau. Und warum das Ganze? Weil ein LKW auf
der linken Spur geparkt steht, der Fahrer musste mal, er hat
sich dann auch
gleich an der Leitplanke erleichtert.
Die Landschaft hier schaut
ganz anders aus, als im Norden oder in der Mitte. Waren es dort
beinah dschungelartige, undurchdringliche Wälder und Berge, ist
hier palttes Land, mit weiten Reisfeldern und vielen Palmen.
Hièn erklärt uns locker plaudernd, was wir heute alles
vorhaben, ich hoffe der Tag ist so lang. Nach etwa zwei Stunden
Fahrt erreichen wir Cai Be und steigen um auf ein Boot. Das
bringt uns über einen der unzähligen Floating Markets, auf dem
aber nicht allzu viel los ist, mir schaut das so aus, als pennen
die alle auf ihren Schiffchen.
Wir erreichen ein kleines Dorf
und verlassen das Schiff. Wir schauen uns ein wenig um und
erfahren ein bisschen was über die Herstellung von Reispapier,
Reiswein, Coconut Candy und einigem mehr. Hier gibt es sehr
viele Coconut Plantagen, von denen eigentlich alles verwertet
wird, vom Holz, mit denen die Häuser gebaut werden, über die
Blätter, mit denen das Dach gedeckt wird, bis zur Nuss selber,
aus deren Milch unzählige Produkte hergestellt werden, sowie der
Schale, die unter anderem zu Holzkohle verarbeitet wird.
Danach geht es wieder auf das Boot, wir fahren zur Mekong
Lodge, wo wir heute übernachten werden. Ein schönes Ressort,
ziemlich abgelegen direkt am Fluss. Wir checken kurz ein und
treffen uns kurz darauf wieder mit Hièn, wir wollen eine Runde
mit dem Fahrrad drehen. Wir fahren über schmale Wege, mal
Schotter mal Betonplatten, wir fühlen uns wie im Dschungel,
rundherum dichter Baumwuchs und immer wieder Wasser, mal etwas
breitere Bäche, mal künstlich angelegte Kanäle. Hier ist nämlich
nix mit Urwald, wie wir zuerst glauben, immer wieder sehen wir
kleinere bis durchaus mal stattliche Häuschen zwischen den
Bäumen, welche hier keineswegs nur wild wachsen, sondern von den
Leuten bewirtschaftet werden. Das hier ist ein ganz normales
Dorf im Mekong Delta, es werden Jackfruits angebaut, ziemlich
große Ballonartige Gebilde, die erst grün, später dann braungelb
wachsen, Bananen, Rambutan, eine Verwandte der Litschi und
einiges mehr. Außerdem läuft allerhand Hausgetier hier frei in
der Gegend rum, in erster Linie Hühner, Enten, Wachteln und was
weiß ich nicht für Geflatter, allesamt in großen Familien, da
müssen wir aufpassen, dass wir nicht eines der Küken
plattfahren, wenn die vor unseren Fahrrädern zu zehnt über den
Weg flitzen.
Wir fahren fast 2 Stunden umher, wobei das Wetter heute fast
schon zu gut ist zum Fahrrad fahren, 33°C und knapp 80%
Luftfeuchtigkeit, da ist man über jeden Schattenfleck froh. Der
Stern brennt gewaltig vom Himmel. Wir überqueren mehrmals den
Fluss mit kleinen Fährbooten

und gelangen irgendwann wieder zu
unserer Herberge.
Dort gibt es einen späten Lunch und unser
Guide verabschiedet sich bis morgen, er meint wir sollten
ausruhen, vielleicht ein wenig schwimmen, im Pool oder mit den
Alligatoren im Fluss. Wir entscheiden uns für den Pool, aber
dazu sollte es nicht mehr kommen. Während der letzten
Radl-Kilometer waren schwarze Wolken aufgezogen und während des
Essens beginnt es mal wieder zu regenen. Von einer Sekunde auf
die nächste schüttet es, sowas kennt man in unseren Breiten
überhaupt nicht. In nullkommanix steht alles zentimeterhoch
unter Wasser und so soll es den restlichen Tag bleiben.
Es hört
erst am späten Abend wieder auf, so ruhen wir am Nachmittag,
schauen zu, bzw. helfen mit, wie das Abendessen zubereitet wird
und gönnen uns vor dem Einschlafen noch einen Mojito, der hilft
gegen Regen. Hoffe ich zumindest.
Als wir in unsere Hütte
kommen, stellen wir fest, dass wir einen Mitbewohner haben. Er
wohnt wohl in der Deckenverkleidung oder hinter einem der
zahlreichen Bildchen. Wie vereinbaren mit ihm, dass er bleiben
darf, wenn er nicht zu uns ins Bett kommt, bei dem Wetter jagt
man schliesslich nicht mal einen Gecko vor die Tür.
