Am Abend sind wir noch ins Dorf gewandert, wir haben uns ein wenig umgeschaut. Embonas ist das Hauptanbaugebiet für rhodischen Wein und eine
Attraktion für Pauschalurlauber sind Busreisen hierher für Wein- und Soumaproben. (Souma ist ein Schnaps, der aus dem Trester der Weinherstellung
gewonnen wird, also der griechische Grappa.) Entsprechend voll ist es hier untertags und die Tavernen sind auf Horden angetrunkener Urlauber vorbereitet. (Sogar in unserem
Reiseführer wird darauf hingewiesen, das sich das mittlerweile zum Problem auswächst und obwohl die Griechen gut dran verdienen, sind die
besoffenen Touristen mittlerweile zur Plage geworden. Entsprechend leidet die Qualität des Essens und die Preise gehen nach oben) Davon kriegen
wir nix mit, die sind alle schon weg und die Platia und die umliegenden Tavernen sind nahezu verwaist. Die Urlauber sind weg und für die Griechen
ist es noch zu früh zum Abendessen. Die Terassen der Tavernen sind richtig groß und teilweise zimlich modern eingerichtet, wir suchen uns ein
Lokal, was noch ganz alt, traditionell und ein bisschen schäbig daherkommt. Wir bestellen einen lokalen Wein und bekommen gleich noch einen anderen
etwas süßeren zur Probe. Wir entscheiden uns aber für den trockenen roten, der ist gut. Mit der Speisekarte können wir anfangs nicht viel anfangen
, sehen aber dann einen großen Grill und entdecken ganz hinten auf der Karte einen handgeschriebenen Hinweis, dass man sich alles mögliche
grillen lassen kann. Wir entscheiden uns für baby-goat, also Zicklein und der Wirt, ein zahnloser Kerl mit grauem Pferdeschwanz holt einen Batzen
Fleisch aus einem Kühlschrank neben dem Grill und hackt ihn mit einem archaisch aussehenden Beil in handliche Stücke und schürt seinen
Holzkohlegrill auf. Mittlerweile füllt sich die Kneipe, es kommen aber keine Urlauber sondern lauter Einheimische. Und wenn die Einheimischen hier
einkehren, kann der Laden nicht so schlecht sein. Ist er auch nicht, das Futter ist sogar sensationell, das Tsatsiki haut uns richtig die
Funken raus und wir brauchen noch etwas mehr Wein.
Trotzdem sind wir am nächsten Morgen beizeiten beim Frühstück, wir haben eine lange Wanderung vor uns und es wird wieder sehr heiß werden. Wir
gehen vom Hotel weg die Straße runter zu einem Supermarkt und decken uns mit Wasser ein. Anschließend gehen wir wieder ein Stück zurück, an der
Kirche vorbei und siehe da, wir haben uns verlaufen. Während wir bisher die kompliziertesten Ecken tadellos gemeistert haben, verlaufen wir uns
mitten im Dorf. Die einfachen Sachen liegen uns nicht, wir brauchen`s anspruchsvoll. Der Weg ist aber gleich wieder gefunden und es geht raus aus
Embonas und steil bergab, vorbei an Weinbergen und Olivenhainen. Die Sonne brennt schon ganz ordentlich aber es geht ein wenig der Wind. Wir
kommen in ein Tal, hier fließt im Herbst / Winter ein Fluß. Der ist vollständig ausgetrocknet aber im und am Flußbett blühen unzählige
wilde Oleandersträucher. Mir war das in Kalavarda schon aufgefallen, dort blühten die in den Gärten in allen möglichen Farben, hier sind es die
rosaroten, die hier die Wildnis mit reichlich Farbtupfer aufhübschen, einfach schön. Weniger schön ist die Tatsache, dass wir jetzt steil aufsteigen nach
Kritina und wie könnte es ander sein, im Windschatten des Berges vor uns mit der Sonne im Rücken. Der fast 3km
lange Aufstieg nötigt uns dann auch auf dem Dorfplatz in Kritina
zu einer Pause.
Wir bestellen was zum trinken und einen Salat.
Beim Servieren des Bestellten möchte das kleine Mädel der Wirtin
behilflich sein, kriegt es aber nicht so ganz hin und reißt den
Ständer mit den Gewürzen um, woraufhin sich Essig und Öl über
den Stuhl ergiessen, auf dem unsere Sachen liegen. Glück im
Unglück: die Kamera bleibt verschont, allerdings ist einer
unserer Hüte jetzt gut geölt und so sehr die Wirtin auch daran
herumputzt, es hilft nix. Wir gehen also anschließend weiter, nun
mit etwas fettigerem Haar, aber dafür wieder bergab. Es geht
durch einen Olivenhain hinab in ein Tal und dort in einen
Kiefernwald.
Wir sind hier weitab vom Schuss, denken wir, aber
als wir eine Weile im Wald bergan gegangen sind, öffnet sich vor
uns eine weite Hochebene, die komplett bewirtschaftet ist. Hier
gibt es eigentlich alles für den Gaumen, vom Wein, über
Auberginen und Zucchini, bis zu Oliven, Plaumen und Pfirsichen.
Wir durchwandern leicht bergauf das gesamte Tal, was sich über
etwa 1,5 km erstreckt und stehen irgendwann hoch oben an einer
Steilküste und schauen aufs Meer und einige vorgelagerte Inseln
(u.a. Chalki und Alimia). Von nun an geht es auf und ab, zwar
mehr ab aber alles sehr anstrengend, da der Weg felsig und
extrem ausgewaschen ist und an Stellen, wo kein Wind geht, man
das Gefühl hat durch einen Pizza-Ofen zu laufen. Der Weg hat
fantastische Panoramablicke zu bieten, aber die Füße werden
immer schwerer und wir haben noch zwei extrem anspruchsvolle
Aufstiege vor uns. Zunächst aber kommen wir an den "Strand" und
sind richtig entsetzt. Hier stehen etliche verwaiste und
vollkommen verfallene Gewächshäuser (kein Witz!) und uralte
Baumaschinen, sowie Unmengen Müll herum. (Ineke erzählt uns
später, dass diese Gewächshäuser schon in diesem Zustand wären,
solange sie den Job auf der Insel macht, 13 Jahre. Also sind die
wohl schon vor 15-20 Jahren aufgegeben worden und all der Müll
einfach stehen gelassen worden oder auch später hinzugekommen.)
Wir finden ein kleines schattiges Eck mit etwas sauberem
Sandstrand um wenigstens die Füße etwas zu erfrischen.
Mittlerweile ist es schon fast 3:00 Uhr nachmittags und zu allem
Unglück gibt nun auch noch das Handy den Geist auf. D.h., wir
haben erstens keine GPS Navigation mehr und außerdem hatte ich
aufgrund der Hitze und unseres kaputten Zustandes mittlerweile
den Plan gefasst, nach dem ersten Aufstieg unseren Fahrer
anzurufen, da wir den gesamten Weg nicht mehr schaffen würden.
(Geplant war, dass uns ein Mitarbeiter des Hotels am Dorfplatz
von Kritina wieder abholt, aber so weit schaffen wir das nicht
mehr). Jetzt haben wir zusätzlich das Problem, dass wir jemanden
finden müssen, der für uns anruft...
Wir gehen also weiter um
einen Felsvorsprung herum und dann weiter den "Strand" entlang,
der hier aus Felsen und Tonnen von Müll besteht, die hier aber
meistenteils angeschwemmt sein müssten, weil hierhin gibt es
definitiv keine Straßenzufahrt. Am Ende der Müllhalde finden wir
die Grundmauern einer uralten frühchristlichen Kirche, so
zumindest die Beschreibung in unserem Guide. Direkt dahinter
soll ein Pfad in eine Schlucht führen und in dieser steil hinauf
auf das Kastell Kritina. Wir haben nun lange Hosen übergezogen,
da der Pfad durch wildes Dornengestrüpp führen soll, wir werden
sehen. Tatsächlich haben wir irgendwann so etwas ähnliches, wie
einen Weg gefunden und kämpfen uns zum Eingang der Schlucht, die
in unserem Rhodos-Touri-Guide als "Die wildeste
Schluchtwanderung" beschrieben ist. Ein paar Mal ist der Weg gar
nicht mehr auszumachen, aber immerhin finden wir jetzt ein paar
verwitterte rote Punkte auf Steinen und Bäumen, die uns den Weg
weisen sollen. Unsere Beschreibung gemahnt und sehr genau nach
dem Einstieg in den Aufstieg Ausschau zu halten, da es der
einzige Weg raus aus der Schlucht wäre. Und tatsächlich finden
wir ihn nach einer Weile. Von nun an geht es auf einem ca. 20cm
breiten Pfad entlang der Felsen bergauf, auf der einen Seite
steiles, felsiges Gleände nach oben, auf der anderen senkrecht
bergab. Ich muss mich hier wirklich schon zwingen, nicht nach
rechts in den Abgrund zu schauen, solche Wege sind nämlich nicht
meine größte Stärke, aber solange ich immer noch was zum
festhalten finde, geht es. Nach einem guten Kilometer Anstieg,
kommen wir aus der Schlucht heraus und sind vollkommen
erschöpft. Wir sehen nun das Kastell Kritina, haben aber immer
noch einen guten Kilometer bergauf vor uns, jetzt allerding
zuerst über felsiges Geläuf, später über eine Schotterpiste
durch eine wiederum bewirtschaftete Fläche.
Als wir die
Straße am Kastell erreichen, sehe ich als erstes ein
Bretterbuden- / Zelt-Konstrukt an dem etwas von Cafè steht.
Daraus kommt ein mittelalter Grieche und bricht in Gelächter
aus, als er mich sieht. "It`s very cold today, good
weather for walking!" und lacht, dass ich ihm am liebsten etwas
auf den Kopf schlagen möchte. Aber erstens bin ich zu erschöft
und zweitens lacht er freundlich und gibt mir die Hand, bevor er
in sein Auto steigt und abdüst. Wir entern das "Cafè" und
bestellen erst mal einen kalten Drink. Anschließend erklären wir
dem Wirt unser Problem mit dem Mobile Phone und dem Anruf, den
wir zu tätigen hätten. Er fragt uns, in welchem Hotel wir wohnen
würden und auf unsere Antwort Hotel Attaviros in Embonas kommt
ein Lachen in sein Gesicht: "Ahh, Yannis, it`s a friend of
mine!" Wir geben ihm also die Karte des Hotels und er
telefoniert kurz mit Yannis, bevor er mir sein Handy in die Hand
drückt. Yannis ist 20 Minuten später da und bringt uns
wohlbehalten zurück.
Wir hätten vom Kastell noch einmal 4,2
Kilometer bis zum Dorfplatz von Kritina gehabt, dem eigentlichen
Ziel unserer Wanderung. Davon etwa 3km steil bergan, das hätten
wir nicht mehr geschafft. Die Jahreszeit ist einfach nicht mehr
gut für Wandertouren, das haben wir schon festgestellt. (Obwohl
der Mai hier auch nicht kühler war, wie wir bereits von mehreren
Seiten gehört haben) Sehr
schade ist auch, dass wir durch den Ausfall des Handys die Tour
nicht komplett haben aufzeichnen können und auf dem letzten
Teilstück des Weges haben wir auch keine Fotos mehr gemacht, wir
waren einfach zu sehr mit uns und dem Weg beschäftigt. Die Tour
war bis zum "Strand" sehr schön, aber der Anblick hat uns dann
irgendwie alles vermasselt und der Aufstieg zum Kastell war dann
zu anstrengend für uns, als dass wir ihn hätten richtig
geniessen können.
Jedenfalls sind wir froh, wieder gesund und
eingermassen erfrischt zu "unserer" Taverne pilgern zu können,
diesmal haben wir uns ein Stück Lamm zum guten Rotwein grillen
lassen.