Vom Berg ans Meer und fast zurück

Samstag, 09.06.2018


Am Abend sind wir noch ins Dorf gewandert, wir haben uns ein wenig umgeschaut. Embonas ist das Hauptanbaugebiet für rhodischen Wein und eine Attraktion für Pauschalurlauber sind Busreisen hierher für Wein- und Soumaproben. (Souma ist ein Schnaps, der aus dem Trester der Weinherstellung gewonnen wird, also der griechische Grappa.) Entsprechend voll ist es hier untertags und die Tavernen sind auf Horden angetrunkener Urlauber vorbereitet. (Sogar in unserem Reiseführer wird darauf hingewiesen, das sich das mittlerweile zum Problem auswächst und obwohl die Griechen gut dran verdienen, sind die besoffenen Touristen mittlerweile zur Plage geworden. Entsprechend leidet die Qualität des Essens und die Preise gehen nach oben) Davon kriegen wir nix mit, die sind alle schon weg und die Platia und die umliegenden Tavernen sind nahezu verwaist. Die Urlauber sind weg und für die Griechen ist es noch zu früh zum Abendessen. Die Terassen der Tavernen sind richtig groß und teilweise zimlich modern eingerichtet, wir suchen uns ein Lokal, was noch ganz alt, traditionell und ein bisschen schäbig daherkommt. Wir bestellen einen lokalen Wein und bekommen gleich noch einen anderen etwas süßeren zur Probe. Wir entscheiden uns aber für den trockenen roten, der ist gut. Mit der Speisekarte können wir anfangs nicht viel anfangen , sehen aber dann einen großen Grill und entdecken ganz hinten auf der Karte einen handgeschriebenen Hinweis, dass man sich alles mögliche grillen lassen kann. Wir entscheiden uns für baby-goat, also Zicklein und der Wirt, ein zahnloser Kerl mit grauem Pferdeschwanz holt einen Batzen Fleisch aus einem Kühlschrank neben dem Grill und hackt ihn mit einem archaisch aussehenden Beil in handliche Stücke und schürt seinen Holzkohlegrill auf. Mittlerweile füllt sich die Kneipe, es kommen aber keine Urlauber sondern lauter Einheimische. Und wenn die Einheimischen hier einkehren, kann der Laden nicht so schlecht sein. Ist er auch nicht, das Futter ist sogar sensationell, das Tsatsiki haut uns richtig die Funken raus und wir brauchen noch etwas mehr Wein.

Trotzdem sind wir am nächsten Morgen beizeiten beim Frühstück, wir haben eine lange Wanderung vor uns und es wird wieder sehr heiß werden. Wir gehen vom Hotel weg die Straße runter zu einem Supermarkt und decken uns mit Wasser ein. Anschließend gehen wir wieder ein Stück zurück, an der Kirche vorbei und siehe da, wir haben uns verlaufen. Während wir bisher die kompliziertesten Ecken tadellos gemeistert haben, verlaufen wir uns mitten im Dorf. Die einfachen Sachen liegen uns nicht, wir brauchen`s anspruchsvoll. Der Weg ist aber gleich wieder gefunden und es geht raus aus Embonas und steil bergab, vorbei an Weinbergen und Olivenhainen. Die Sonne brennt schon ganz ordentlich aber es geht ein wenig der Wind. Wir kommen in ein Tal, hier fließt im Herbst / Winter ein Fluß. Der ist vollständig ausgetrocknet aber im und am Flußbett blühen unzählige wilde Oleandersträucher. Mir war das in Kalavarda schon aufgefallen, dort blühten die in den Gärten in allen möglichen Farben, hier sind es die rosaroten, die hier die Wildnis mit reichlich Farbtupfer aufhübschen, einfach schön. Weniger schön ist die Tatsache, dass wir jetzt steil aufsteigen nach Kritina und wie könnte es ander sein, im Windschatten des Berges vor uns mit der Sonne im Rücken. Der fast 3km lange Aufstieg nötigt uns dann auch auf dem Dorfplatz in Kritina zu einer Pause.

Kritina Kritina Kritina

Kritina Kritina Kritina

         Kritina Kritina

Kritina Kritina Kritina Kritina

      Kritina Kritina

Wir bestellen was zum trinken und einen Salat. Beim Servieren des Bestellten möchte das kleine Mädel der Wirtin behilflich sein, kriegt es aber nicht so ganz hin und reißt den Ständer mit den Gewürzen um, woraufhin sich Essig und Öl über den Stuhl ergiessen, auf dem unsere Sachen liegen. Glück im Unglück: die Kamera bleibt verschont, allerdings ist einer unserer Hüte jetzt gut geölt und so sehr die Wirtin auch daran herumputzt, es hilft nix. Wir gehen also anschließend weiter, nun mit etwas fettigerem Haar, aber dafür wieder bergab. Es geht durch einen Olivenhain hinab in ein Tal und dort in einen Kiefernwald.

                     Kritina Kritina Kritina

         Kritina Kritina Kritina 

                                    Kritina Kritina

   Kritina

        Kritina Kritina

Kritina Kritina Kritina

Kritina Kritina Kritina

Wir sind hier weitab vom Schuss, denken wir, aber als wir eine Weile im Wald bergan gegangen sind, öffnet sich vor uns eine weite Hochebene, die komplett bewirtschaftet ist. Hier gibt es eigentlich alles für den Gaumen, vom Wein, über Auberginen und Zucchini, bis zu Oliven, Plaumen und Pfirsichen. Wir durchwandern leicht bergauf das gesamte Tal, was sich über etwa 1,5 km erstreckt und stehen irgendwann hoch oben an einer Steilküste und schauen aufs Meer und einige vorgelagerte Inseln (u.a. Chalki und Alimia). Von nun an geht es auf und ab, zwar mehr ab aber alles sehr anstrengend, da der Weg felsig und extrem ausgewaschen ist und an Stellen, wo kein Wind geht, man das Gefühl hat durch einen Pizza-Ofen zu laufen. Der Weg hat fantastische Panoramablicke zu bieten, aber die Füße werden immer schwerer und wir haben noch zwei extrem anspruchsvolle Aufstiege vor uns. Zunächst aber kommen wir an den "Strand" und sind richtig entsetzt. Hier stehen etliche verwaiste und vollkommen verfallene Gewächshäuser (kein Witz!) und uralte Baumaschinen, sowie Unmengen Müll herum. (Ineke erzählt uns später, dass diese Gewächshäuser schon in diesem Zustand wären, solange sie den Job auf der Insel macht, 13 Jahre. Also sind die wohl schon vor 15-20 Jahren aufgegeben worden und all der Müll einfach stehen gelassen worden oder auch später hinzugekommen.) Wir finden ein kleines schattiges Eck mit etwas sauberem Sandstrand um wenigstens die Füße etwas zu erfrischen. Mittlerweile ist es schon fast 3:00 Uhr nachmittags und zu allem Unglück gibt nun auch noch das Handy den Geist auf. D.h., wir haben erstens keine GPS Navigation mehr und außerdem hatte ich aufgrund der Hitze und unseres kaputten Zustandes mittlerweile den Plan gefasst, nach dem ersten Aufstieg unseren Fahrer anzurufen, da wir den gesamten Weg nicht mehr schaffen würden. (Geplant war, dass uns ein Mitarbeiter des Hotels am Dorfplatz von Kritina wieder abholt, aber so weit schaffen wir das nicht mehr). Jetzt haben wir zusätzlich das Problem, dass wir jemanden finden müssen, der für uns anruft...

       Kritina Kritina

Wir gehen also weiter um einen Felsvorsprung herum und dann weiter den "Strand" entlang, der hier aus Felsen und Tonnen von Müll besteht, die hier aber meistenteils angeschwemmt sein müssten, weil hierhin gibt es definitiv keine Straßenzufahrt. Am Ende der Müllhalde finden wir die Grundmauern einer uralten frühchristlichen Kirche, so zumindest die Beschreibung in unserem Guide. Direkt dahinter soll ein Pfad in eine Schlucht führen und in dieser steil hinauf auf das Kastell Kritina. Wir haben nun lange Hosen übergezogen, da der Pfad durch wildes Dornengestrüpp führen soll, wir werden sehen. Tatsächlich haben wir irgendwann so etwas ähnliches, wie einen Weg gefunden und kämpfen uns zum Eingang der Schlucht, die in unserem Rhodos-Touri-Guide als "Die wildeste Schluchtwanderung" beschrieben ist. Ein paar Mal ist der Weg gar nicht mehr auszumachen, aber immerhin finden wir jetzt ein paar verwitterte rote Punkte auf Steinen und Bäumen, die uns den Weg weisen sollen. Unsere Beschreibung gemahnt und sehr genau nach dem Einstieg in den Aufstieg Ausschau zu halten, da es der einzige Weg raus aus der Schlucht wäre. Und tatsächlich finden wir ihn nach einer Weile. Von nun an geht es auf einem ca. 20cm breiten Pfad entlang der Felsen bergauf, auf der einen Seite steiles, felsiges Gleände nach oben, auf der anderen senkrecht bergab. Ich muss mich hier wirklich schon zwingen, nicht nach rechts in den Abgrund zu schauen, solche Wege sind nämlich nicht meine größte Stärke, aber solange ich immer noch was zum festhalten finde, geht es. Nach einem guten Kilometer Anstieg, kommen wir aus der Schlucht heraus und sind vollkommen erschöpft. Wir sehen nun das Kastell Kritina, haben aber immer noch einen guten Kilometer bergauf vor uns, jetzt allerding zuerst über felsiges Geläuf, später über eine Schotterpiste durch eine wiederum bewirtschaftete Fläche.
Als wir die Straße am Kastell erreichen, sehe ich als erstes ein Bretterbuden- / Zelt-Konstrukt an dem etwas von Cafè steht. Daraus kommt ein mittelalter Grieche und bricht in Gelächter aus, als er mich sieht. "It`s very cold today, good weather for walking!" und lacht, dass ich ihm am liebsten etwas auf den Kopf schlagen möchte. Aber erstens bin ich zu erschöft und zweitens lacht er freundlich und gibt mir die Hand, bevor er in sein Auto steigt und abdüst. Wir entern das "Cafè" und bestellen erst mal einen kalten Drink. Anschließend erklären wir dem Wirt unser Problem mit dem Mobile Phone und dem Anruf, den wir zu tätigen hätten. Er fragt uns, in welchem Hotel wir wohnen würden und auf unsere Antwort Hotel Attaviros in Embonas kommt ein Lachen in sein Gesicht: "Ahh, Yannis, it`s a friend of mine!" Wir geben ihm also die Karte des Hotels und er telefoniert kurz mit Yannis, bevor er mir sein Handy in die Hand drückt. Yannis ist 20 Minuten später da und bringt uns wohlbehalten zurück.
Wir hätten vom Kastell noch einmal 4,2 Kilometer bis zum Dorfplatz von Kritina gehabt, dem eigentlichen Ziel unserer Wanderung. Davon etwa 3km steil bergan, das hätten wir nicht mehr geschafft. Die Jahreszeit ist einfach nicht mehr gut für Wandertouren, das haben wir schon festgestellt. (Obwohl der Mai hier auch nicht kühler war, wie wir bereits von mehreren Seiten gehört haben)  Sehr schade ist auch, dass wir durch den Ausfall des Handys die Tour nicht komplett haben aufzeichnen können und auf dem letzten Teilstück des Weges haben wir auch keine Fotos mehr gemacht, wir waren einfach zu sehr mit uns und dem Weg beschäftigt. Die Tour war bis zum "Strand" sehr schön, aber der Anblick hat uns dann irgendwie alles vermasselt und der Aufstieg zum Kastell war dann zu anstrengend für uns, als dass wir ihn hätten richtig geniessen können.
Jedenfalls sind wir froh, wieder gesund und eingermassen erfrischt zu "unserer" Taverne pilgern zu können, diesmal haben wir uns ein Stück Lamm zum guten Rotwein grillen lassen.

zurück

Vorheriger Tag